Schwedt (MOZ) Das Gauß-Gymnasium wird dieses Jahr erstmals einen Leistungskurs Chemie einführen. Seit Jahren ärgert es viele Schwedter, dass ausgerechnet am brandenburgischen Chemiestandort Nr. 1 die schulische Förderung künftiger Chemiker zu kurz kommt.

Experiment im Chemiekabinett: Maximilian (11 Jahre) hält beim Tag der offenen Tür des Schwedter Gauß-Gymnasiums Magnesium in eine Flamme. Schule und PCK-Raffinerie wollen die Begeisterung für Chemie weiter fördern.

Die heutigen 10. Klassen am Gymnasium wurden gefragt, welche Naturwissenschaft sie als Leistungskurs belegen wollen. 49 wählten Biologie, 21 Physik und sage und schreibe 24 Chemie. Das ist eine kleine Sensation, Chemie wählte bislang immer nur eine Handvoll Schüler. Jetzt sind es erstmals so viele, dass der Kurs tatsächlich zustande kommen kann. Die Entscheidung lag immer und liegt weiterhin bei den Schülern. Wählt eine ausreichende Anzahl von Gymnasiasten Chemie als Leistungskurs, hätte die Schule diese auch früher schon mit mehr als nur drei Wochenstunden im Grundkurs fördern können. Doch die vom Schulamt geforderte Mindestzahl von 15 Schülern für einen Kurs kam nie zusammen. Die Schüler wählten mehrheitlich lieber vermeintlich leichtere Lernfächer wie Biologie oder Fremdsprachen anstelle Chemie.Die Schwedter, die Chemie interessierte und mehr darüber lernen wollten, mussten bis nach Eberswalde fahren, um am Gymnasium einen Leistungskurs zu finden. In den meisten Fällen jedoch wichen sie notgedrungen auf andere Fächer aus.

Ab kommendem Schuljahr hat Brandenburg sein Kurssystem in der Abiturstufe umgestellt. „Wir Schulleiter wollten das so, wir erhoffen uns davon eine breitere Allgemeinbildung und einen flexibleren Umgang mit den Kursen vor allem in kleineren Schulen“, sagt Gauß-Schulleiter Rüdiger Ober-Blöbaum. Das System von zwei Leistungskursen á fünf Wochenstunden, die jeder Schüler belegen muss, wurde umgestellt auf fünf Leistungskurse á vier Stunden. Mathematik und Deutsch sind gesetzt, daneben bleibt die Wahl für Naturwissenschaften, und Sprachen. Chemielehrerin Ines Holzenburg ist sehr froh, dass sie künftig Nachwuchstalente besser fördern kann: „Die größere Wahl führt dazu, dass erfreulicherweise auch in den Naturwissenschaften wieder mehr Kurse zustande kommen.“ Für viele Schwedter war es unverständlich, dass sich so wenig Schüler für Chemie interessierten, gerade am Raffinerie-Standort. Sie kannten die Reglementierung der Kursstärke und anderes nicht. Schüler wählten fast immer den Weg des geringsten Widerstandes zum Abitur. „Wenn es ginge, würden sie als Erstes Mathematik abwählen“, meint die Lehrerin und: „Wir haben immer gegen einen schlechten Ruf der Chemie in der Bevölkerung ankämpfen müssen.“ Die PCK-Raffinerie zeigte sich gestern von der Nachricht freudig überrascht. Das Werk hatte erst vor kurzem eine Initiative gestartet, mit Labortagen in Kindergärten und Schulen mehr Begeisterung für Naturwissenschaft und Chemie zu wecken, fördert Talente mit dem Exzellenzpreis und schickt Mitarbeiter zum Studium. Geschäftsführer Jos van Winsen: „Schwedt hat wieder einen Chemieleistungskurs! Das ist toll und zeigt uns, dass es sich gelohnt hat, unbeirrt auf junge Menschen zuzugehen und sie zu ermuntern, sich den Naturwissenschaften zu widmen. Nach diesem kleinen Erfolg sollten wir jedoch nicht die Hände zufrieden in den Schoß legen. Wenn wir mit unserer Region punkten wollen, brauchen wir ein generell höheres Ausbildungsniveau an den Schulen.“ PCK hat gerade bei Jugendlichen heute einen sehr guten Ruf. Der Betrieb bietet Stipendien und Förderungen, zahlt die höchsten Lehrlingsentgelte in der Region, ist für eine ausgezeichnete Ausbildung bekannt und übernimmt jedes Jahr mehr der rund 30 Azubis eines Jahrgangs. Das ist auch für viele Abiturienten lukrativ. Quelle : www.moz.de