Bild vom Stolperstein von Helga Käding
Bild vom Platz vor der evangelischen Kirche

Helga Emmi Elise Käding

Jg. 1941
Eingeliefert: 1944 Heilanstalt Brandenburg-Görden
Ermordet 1944
Platz vor der evangelischen Kirche
verlegt am 8. Februar 2016
Audio Guide

Helga Käding…, wer war denn das?“

„Hier steht etwas: Helga Emmi Elise Käding war ein Mädchen, das hier in Schwedt/Oder am 06.09.1941 geboren wurde. Ihr Vater, Magnus Käding, starb bereits im März desselben Jahres. Seine große Tochter Charlotte F. E. (geb.06.08.1900) und Helgas Mutter zogen sie vermutlich alleine groß. Allerdings wurde sie nur 2 ½ Jahre alt.“

„Ja genau, laut einer 12-jährigen Zeugin wurde sie am 18. April 1944 von Herrn Lüders, einem Mitarbeiter des Kreiswohlfahrtamtes und des Jugendamtes, abgeholt und in die Landesklinik Görden bei Brandenburg an der Havel eingeliefert. Dort starb sie dann 4 Wochen später, am 27. Mai 1944.“

„Und das obwohl sie keine Jüdin war. Ihre Familie war vermutlich konfessionslos. Aber hast du eine Ahnung welchem Zweck die Landesanstalt diente?“

„Zufälligerweise ja, denn ich habe in der Schule schon mal einen Vortrag darüber gehalten. Auf demselben Gelände wurde im 18. Jh. ein Armeshaus errichtet, das später als Zuchthaus diente. Bis 1931 war dieses ein Gefängnis, das 1933 kurzzeitig zu einem KZ umfunktioniert wurde, bis es dann 1934-1939 wieder als Gefängnis genutzt wurde. Zu einer Tötungsanstalt mit Gaskammern wurde es dann Anfang Dezember 1939. Ab Januar 1940 erfolgten Probetötungen, da die Anstalt nun eine Herkunfts- und Zwischenanstalt der „Euthanasie Aktion-T4“ war. Daraufhin hat man sich für die Ermordung mit Giftgas entschieden.“

„War die Euthanasie nicht die Ermordung von Menschen mit Behinderungen im Nationalsozialismus? Sie gründet auf der Rassenlehre/-hygiene, da das Leben dieser Menschen den Nazis nicht als lebenswert erschien und sie nicht dem Rassenideal entsprachen. „Den Kranken den Gnadentod gewähren“, eine Beschönigung der Nazis. Und die Aktion-T4 (Organisationssitz in Tiergartenstraße 4) war nur ein Tarnname für den Massenmord an geistig Behinderten und anderen „unerwünschten Elementen“ (Asoziale, psychisch & körperlich Kranke) durch Ärzte, Pflegekräfte und Verwaltungsbeamte. Bei der Aktion-T4 erfolgte die erste Vergasung von Menschen.“

„Ja, seit 1940 wurden dann 9000 Menschen durch Giftgas getötet. Unter dem Decknamen „Landes-Pflegeanstalt Brandenburg an der Havel“ wurden auch Kinder und Jugendliche dort eingeliefert. Bis August 1944 wurden 4000 Kinder und Jugendliche nach Brandenburg Görden verlegt. Sie dienten als medizinische Versuchsobjekte, bis sie dann durch eine Überdosis an Medikamenten oder Vernachlässigung der hervorgerufenen Krankheiten starben. Einige Gehirne dieser Kinder wurden u.a. ins Kaiser-Wilhelm Institut in Berlin-Buch für Untersuchungen gebracht. Diese Untersuchungen dienten zur „Klärung wissenschaftlicher Fragen auf dem Gebiet der angeborenen Missbildung und der geistigen Unterentwicklung“, für welche Kinder bis 3 Jahre (später bis 16 Jahre) meldepflichtig waren.
Fragt sich nur, wie man diese Aktion verheimlichen konnte.“

„Das ist ganz einfach, es gab in jeder Tötungsanstalt ein Standesamt, das Sterbeurkunden („Trostbriefe“) ausstellte, in denen Ort, Datum und Todesursache gefälscht wurden. Der Tausch von Urkunden war auch üblich.“

„Vermutlich wurde Helga dann am Ende, wie alle anderen Opfer der Euthanasie, verbrannt. Sie muss ein wirklich kurzes und qualvolles Leben gehabt haben. Ihr Mord gleicht dem der Juden, auch wenn sie keine Jüdin war.“

„Helga Käding… who was that?“
„Here it says: Helga Emmi Elise Käding was a girl born here in Schwedt/Oder on September 6, 1941. Her father, Magnus
Käding, had already passed away in March of the same year. Her older sister Charlotte F.E. (born on August 6, 1900) and
Helga’s mother presumably raised her alone. However, she only lived to be 2 ½ years old.“
„Yes, according to a 12-year-old witness, she was picked up on April 18, 1944, by Mr. Lüders, an employee of the District
Welfare Office and the Youth Office, and admitted to the Görden State Clinic near Brandenburg an der Havel. She then
died four weeks later, on May 27, 1944.“
„And that even though she wasn’t Jewish. Her family was probably non-religious. But do you have any idea what purpose
the state institution served?“
„As a matter of fact, I do, because I once gave a presentation about it at school. On the same premises, an almshouse was
built in the 18th century, which later served as a prison. Until 1931, it was a prison, briefly turned into a concentration
camp in 1933, and then used as a prison again from 1934 to 1939. It became a killing institution with gas chambers in
early December 1939. Trial killings took place from January 1940, as the institution became a transit and intermediate
institution for the „Euthanasia Action-T4.“ They eventually decided to use lethal gas for the killings.“
„Wasn’t euthanasia the murder of people with disabilities during the Nazi era? It was based on racial ideology and hygiene,
as the lives of these people were deemed unworthy and didn’t conform to the Nazi racial ideal. „Granting mercy death to
the sick,“ a Nazi euphemism. And Action-T4 (headquartered at Tiergartenstraße 4) was just a code name for the mass
murder of mentally disabled individuals and other „undesirable elements“ (asocials, mentally and physically ill) by
doctors, caregivers, and administrative officials. The first gassing of people took place during Action-T4.“
„Yes, from 1940 onwards, 9,000 people were killed by lethal gas. Under the code name „State Nursing Home Brandenburg
an der Havel,“ children and adolescents were also admitted there. By August 1944, 4,000 children and adolescents had
been transferred to Brandenburg Görden. They served as medical test subjects until they died from an overdose of
medication or neglect of the induced illnesses. Some of these children’s brains were sent to the Kaiser Wilhelm Institute in
Berlin-Buch for research purposes. These studies aimed to „clarify scientific questions in the field of congenital
malformations and mental underdevelopment,“ for which children up to the age of 3 (later extended to 16 years) were
required to be reported. The question remains how they managed to conceal this operation.“
„It’s quite simple; each euthanasia facility had a registry office that issued death certificates („letters of solace“) in which
the location, date, and cause of death were falsified. The swapping of certificates was also common.“
„Helga was likely cremated in the end, like all the other victims of euthanasia. She must have had a truly short and
agonizing life. Her murder resembles that of the Jews, even though she wasn’t Jewish.“